Kinder und Schafe

Die Erziehungsphilosophie

Der Kindergarten am Böhmerwald befand sich seit Juni 2011 im Prozess der
Auseinandersetzung mit der Reggio-Pädagogik, einer Pädagogik des Werdens,
welche in Norditalien in Reggio Emilia ihren Ursprung hat, mit dem Ziel der

Zertifizierung als Reggio-orientierte Einrichtung
durch den Verein Dialog Reggio.

 

Uns ist hierbei deutlich geworden, wie wichtig es ist, das Kind als Konstrukteur seiner Entwicklung und seines
Wissens zu sehen und in seiner Vielfältigkeit zu erleben.

Der Name Reggio-Pädagogik verweist auf die Region „Reggio nell‘Emilia“ in Norditalien, in der sie sich im letzten
Jahrhundert entwickelt hat, dies entsprach dem Impulsgeber Loris Malaguzzi.

Malaguzzi hat auf poetische Weise sein Wissen und seine Erkenntnisse weitergegeben. Lesen Sie nachfolgend
das wohl bekannteste Gedicht von dem italienischen Pädagogen:

 

 

Ein Kind hat hundert Sprachen

Die Hundert gibt es doch


Das Kind besteht aus Hundert.
Hat hundert Sprachen
hundert Hände
hundert Gedanken
hundert Weisen
zu denken, zu spielen und zu sprechen.


Hundert -
immer hundert Arten
zu hören, zu staunen und zu lieben.
Hundert heitere Arten
zu singen, zu begreifen
hundert Welten zu entdecken
hundert Welten frei zu erfinden
hundert Welten zu träumen.


Das Kind hat hundert Sprachen
und hundert und hundert und hundert.
Neunundneunzig davon aber
werden ihm gestohlen
weil Schule und Kultur
ihm den Kopf vom Körper trennen.

Sie sagen ihm:
Ohne Hände zu denken
ohne Kopf zu schaffen
zuzuhören und nicht zu sprechen.
Ohne Heiterkeit zu verstehen,
zu lieben und zu staunen
nur an Ostern und Weihnachten.

Sie sagen ihm:
Die Welt zu entdecken
die schon entdeckt ist.
Neunundneunzig von hundert
werden ihm gestohlen.


Sie sagen ihm:
Spiel und Arbeit
Wirklichkeit und Phantasie
Wissenschaft und Imagination
Himmel und Erde
Vernunft und Traum
seien Sachen, die nicht zusammen passen.
Sie sagen ihm kurz und bündig,
dass es keine Hundert gäbe.
Das Kind aber sagt:
Und ob es die Hundert gibt.

Loris Malaguzzi

Bild

Lid

Darüber hinaus ist es unablässig, dem Kind Rechte gegenüber der Gesellschaft und gegenüber seinen
Bezugspersonen zuzugestehen. Die UN Kinderrechtskonvention findet sich diesbezüglich in unserem
täglichen Prozess des Zuhörens als Haltung wieder, Partizipation als Prinzip und Strategie.

Wir denken hierbei im Konkreten an das Recht auf Zuwendung, Nähe und Hilfe.
„Erziehung ist Liebe und sonst nichts", Pestalozzi

Um dieses Recht einfordern zu können, bedarf es der Fähigkeit, Wünsche und Bedürfnisse zu äußern,
hierbei hilft ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein.

Wir begleiten und unterstützen die Kinder, ihre Potentiale zu verwirklichen und zu erweitern, ihre Lebenskom-
petenzen zu entwickeln und ihre Lernbegierde zu befriedigen. An die Stelle von Beschäftigung treten Projekte,
bei denen durch vielfältige Ausdrucksweise das Lernen als Prozess stattfindet. Die begleitende
Dokumentation
, z.B. durch sprechende Wände, welche den Aktionsprozess darstellen, stellen die Entwicklung
der Vorstellungen, Entdeckungen und Kenntnisse der Kinder dar und vermitteln den Kindern gleichermaßen
Wertschätzung, Rückmeldung und Anlässe zum Sich-Erinnern.

 

Alle Kinder werden so akzeptiert und wertgeschätzt, wie sie sind:

Ich bin schön

Ich bin stark

Ich bin weise

Ich bin gut

Und ich habe das alles selbst entdeckt!